Donnerstag, 26. Juli 2012

Ausgelesen - Kevin Brooks: Candy

Der Jugendroman "Candy" von Kevin Brooks hat mich in den letzten Tagen ziemlich beschäftigt. Es ist die Geschichte des Ich-Erzählers Joe, Schüler und Mitglied einer Band, die cooler sein will als er, dem an einem Londoner U-Bahnhof ein Mädchen begegnet, das ihn in seinen Bann schlägt: die Heroin-Abhängige Prostituierte und in der Gewalt ihres Dealers und Zuhälters Iggy stehende Candy. Was dann folgt ist einerseits geprägt durch die typische Brutalität in Brooks Romanen, andererseits hat es in meinen Augen genau den Tiefgang, den andere Rezensenten dem Roman absprechen. (Z.B. bei Büchertreff.de). Gerade dadurch, dass Joe sprachlos wirkt oder "etwas" die Macht über sein Handeln gewinnt, gerade dadurch, dass er - nachdem er gemeinsame mit Candy aus der Gewalt Iggys flüchtet, die Beziehung zu Candy mit einer Wippe vergleicht, die hoch und runter geht, gerade dadurch, dass er immer wieder sich, seine Gefühle, seine Unreife und eigentliche Überforderung darstellt, gewinnt der Roman ungemein und trägt trotz der Krimi-Story auch Züge eines Entwicklungsromans (auch wenn es zu einem solchen insgesamt nicht reicht). Es wird bemängelt, das Gute und das Böse seien zu holzschnittartig dargestellt - aber zum einen spiegelt das für mich eher eine feste Erwartung eines Rezensenten und wird damit nicht unbedingt dem Buch gerecht, zum anderen ist es eher die Trennung von drei Generationen: Die Elterngeneration (Joes Vater lebt zwar alleinerziehend, versucht aber im Laufe des Romans die Annäherung an die Mutter, die zwar die Beziehung zum Vater, nicht aber die Kinder möchte), die abgebrühten jungen Erwachsenen Dealer, die tatsächlich die Welt des Bösen darstellen, und der Heranwachsende Joe, der sich mit Candy, die irgendwo dazwischen zu stehen scheint, und ihrer Welt, ihrem Leben, ihrer Persönlichkeit auseinandersetzen muss. Und  genau diese Auseinandersetzung steht im Mittelpunkt des Romans, der z.T. stark aus der Innensicht des Protagonisten erzählt ist und uns an seiner unsicheren Welt teilhaben lässt, die auch das "Erbärmliche" einschließt:

"Ich hatte nicht vor, sie [die Musik] traurig klingen zu lassen. Aber so fühlte ich mich. Und darum geht es in der Musik - sie muss klingen, wie du dich fühlst.
Ich weiß, es wirkt irgendwie erbärmlich - dazusitzen, sich in Selbstmitleid zu wiegen und einen Herzschmerz-Blues zu spielen, als hätte ich gerade die Liebe meines Lebens verloren, obwohl ich in Wirklichkeit nur meine Würde verloren hatte - aber erbärmlich zu sein ist wie gesagt nicht das Schlimmste auf der Welt. oder?" (S. 52f.)

Insgesamt eine gute Leseerfahrung - und ich bin nicht der einzige, der ihn letztlich auch als geeignete Schullektüre sieht.

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